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Ich weiß, es klingt albern, aber ich habe das Licht gesehen. Ein Licht in der Dunkelheit. Es kam, als ich es am wenigsten erwartet habe. So wie das immer versprochen wird. Das klingt nach Christen-Kitsch, nach baptistischen Erweckungserlebnis, nach der Szene in „Blues Brothers“, als das Licht in Strömen durch das Kirchendach auf den Erleuchteten fällt. So war es natürlich nicht, es war anders. Aber es ist wahr. Ich habe ja schon einiges ausprobiert in den letzten Jahrzehnten um die Grenzen meines Bewusstseins etwas zu erweitern, oder zumindest etwas Seelenfrieden zu finden. Ich habe mit Qui Gong angefangen. Aber das Licht war nicht beim Qui Gong. Ich habe viele Jahre Yoga gemacht, aber das Licht war nicht beim Yoga. Ich habe gefastet, aber das Licht kam nicht durch das Fasten. Ich habe gefastet und Yoga gemacht. Das hat mir einen unglaublichen Kick gegeben, aber erleuchtet hat es mich auch nicht und die Ankunft in der Wirklichkeit war hart. Ich habe auch Bücher gelesen wie man Motorradfahren und Zen-Praxis verbindet. Und tatsächlich denkt man an nichts, wenn man einen Alpenpass hinauf fährt, außer an die nächste Serpentine. Aber irgendwann ist auch der höchste Pass erreicht, und dann geht’s wieder runter. Mantrasingen ist auch nicht schlecht. In einem Kreis stehen, in einem nur von Kerzen erleuchteten Raum und gemeinsam „Im Dunkel der Nacht“ singen, da passiert was, da hebt es die Decke, da fühlt es sich an, als würde ein Energiestrahl bis ins All fliegen. Seitdem mag ich gregorianische Choräle und romanische Kirchen. Aber es ward kein Licht. Es gab noch ein paar Versuche mit Karate, Tantra, schamanischen Trommmelritualen, Gospelsingen und irgendwelche Übungen zu Sonnenaufgang auf einem taunassen Hügel über dem Oderbruch. Alles nicht schlecht. Irgendwann habe ich es aufgegeben. Das Spirituelle und ich sind keine Freunde geworden. Mir fehlt wohl die Disziplin, oder die Verzweiflung an der Welt hat sich etwas gelegt. Ich finde in der begrenzten menschlichen Realität inzwischen auch einiges, was mich freut und mich am Leben hält. Geblieben sind ein paar Atemübungen, die ich praktiziere, wenn ich nachts um zwei immer noch nicht schlafen kann. Also ziemlich oft. Aber dazu habe ich auch nicht immer Lust. Und deshalb nehme ich oft die bequemere Methode und schleiche zur Speisekammer. Dort liegt mein Vorrat an „Nussknacker Vollmilch“ von Lidl. Ich habe viele Sorten ausprobiert, aber nur die hilft. Zwei Riegel davon in meditativer Sille gekaut sind besser als eine Schlaftablette. Und dabei ist es passiert. Neulich in einer dunklen Neumondnacht. Die Schokolade ist in Folie verpackt und diese Folie ist an einer Naht zusammengeklebt. Und als ich in meiner Gier die Folie aufriss, war da ein kleines, phosphorisierndes Leuchten. Vielleicht ist es der Klebstoff, der dieses Licht abgibt, wenn man ihn auseinander zieht. Ich gebe zu, ich hatte gedacht, dass das Licht, das mir zugeteilt ist, etwas heller leuchtet, nicht gleich wie der Stern von Betlehem, aber so ähnlich. Aber immerhin, es ist ein Licht und es ist mein Licht. „This Little light of mine. I gonna let it shine!“